Allgemeines

Eva Wallstein ist die Referentin für Alltagsunterstützende Angebote – was ist das überhaupt?

Interview zu Einblicken aus dem Arbeitsalltag
Foto FAPIQ; Eva Wallstein, Referentin für Alltagsunterstützende Angebote

Alltagsunterstützende Angebote sind eine besondere Leistung der Pflegeversicherung nach § 45a SGB XI. Mit ihr können sich Menschen, die einen Pflegegrad und deswegen Unterstützungsbedarf haben, “schöne Lebenszeit” einkaufen.
Das bedeutet: Es kommen ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den Pflegebedürftigen nach Hause und begleiten die Menschen in ihrem alltäglichen Leben. Sie erledigen z.B. gemeinsam Hauhaltsaufgaben, gehen gemeinsam spazieren, schauen sich Fotos aus der Vergangenheit an usw. Es gibt aber auch Gruppenangebote: Hier kommen die Menschen mit Unterstützungsbedarf zusammen und trinken gemeinsam Kaffee, basteln oder singen, machen Ausflüge und vieles andere mehr.
Ich als Referentin berate Träger, Anbieter und Initiativen, die so ein Angebot aufbauen wollen, und informiere über alle gesetzlichen und sonstigen wichtigen Rahmenbedingungen. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen, wie in dem jeweiligen Quartier oder der jeweiligen Gemeinde ein spezifisches Angebot gut funktionieren und sinnvoll eingebettet werden kann. Der Aufbau von Alltagsunterstützenden Angeboten wurde ursprünglich von der Alzheimer Gesellschaft Brandenburg e.V. landesweit umgesetzt und dann von FAPIQ weitergeführt. Ich bin von Anfang an dabei und habe inzwischen einen guten Überblick über die bestehenden Strukturen im Land, habe viele Angebote mit aufgebaut und begleitet und stehe zusammen mit den FAPIQ-Referentinnen und -Referenten und den Akteuren in den Regionen mit Rat und Tat zur Seite.“

1. Was für Beratungen haben Sie in der letzten Woche durchgeführt?

Im Moment ist meine Arbeitssituation natürlich durch die Corona-Pandemie beeinflusst. Wo ich früher vor Ort Beratungen durchgeführt habe und persönlichen Kontakt gesucht habe, ist man jetzt aufs Telefon angewiesen. Daran müssen sich die Angebote wie auch ich erst einmal gewöhnen. Trotzdem haben viele den Kontakt zu uns gesucht und die Zeit genutzt, um Konzepte für neue Ideen auf den Weg zu bringen. Z. B. sind wir gerade dabei, das erste kommunale Alltagsunterstützende Angebot im Nuthetal aufzubauen. D.h. das Angebot wird von der Kommune selbst statt von einem Träger initiiert – sehr begrüßenswert! Das ist besonders, weil die Kommune damit selbst in die Verantwortung geht, sich um die Menschen vor Ort zu kümmern. So wird regionale Pflege und Versorgung politisch priorisiert.

2. Haben Sie ein Projekt schon länger begleitet? Wenn ja: wie war der Prozess?

Ja, wir unterstützen die Alltagsunterstützenden Angebote auch nachhaltig nach deren Initiierung. Wir begleiten die anleitenden Fachkräfte der Angebote bei spezifischen Fachfragen, wie z.B. zur Gewinnung von Ehrenamtlichen, zu Abrechnungsfragen, Fortbildungen, zur Weiterentwicklung des Angebotes oder unterstützen die Vernetzung der Anbieter untereinander. Außerdem müssen ja die vielen Ehrenamtlichen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Angebote geschult werden. Das organisieren wir landesweit. Jetzt in der Zeit der Pandemie ging es außerdem darum, die gesetzlichen Hygienebestimmungen für die Alltagsunterstützenden Angebote praxisnah zu übersetzen. Denn allgemeine Bestimmungen lassen sich manchmal nicht ohne Weiteres auf Einzelfälle übertragen. So haben wir z.B. auch gemeinsam in unserem virtuellen Fachaustausch mit den Fachkräften überlegt, wie die Alltagsunterstützenden Angebote trotz der Kontaktbeschränkungen fortlaufen können. Es zeigte sich zum Beispiel, dass viele Träger von der persönlichen auf die telefonische Beratung und Betreuung umstiegen. In Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium (MSGIV) und den Pflegekassen wurde erreicht, dass zur Zeit auch diese Form der Unterstützung nach § 45a SGB XI abgerechnet werden kann.

3. Haben Sie an einer interessanten Veranstaltung teilgenommen oder waren beteiligt?

Ja, es gibt viele inspirierende und informative Veranstaltungen! Ich habe im Juli an der Abschlussveranstaltung zum Projekt „Förderung von Nachbarschaftshilfe durch Servicepunkte“ teilgenommen. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat von 2017 bis 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Förderung von Nachbarschaftshilfe umgesetzt. Ziel war es, gemäß § 45a SGB XI anerkennungsfähige Nachbarschaftshilfe durch engagierte Einzelpersonen zu fördern und die Möglichkeiten zur Versorgung von pflegebedürftigen Menschen in ihren eigenen vier Wänden zu verbessern. Spannend war hier für mich besonders zu hören, wie dieses Modellprojekt in der Praxis umgesetzt wurde und wie bzw. ob sich das auch auf Brandenburg übertragen lassen könnte.* Bei uns in Brandenburg gibt es schon über 900 anerkannte Alltagsunterstützende Angebote., Allerdings gibt es in ländlichen Regionen vielerorts wenige oder gar keine aktiven Angebote. Hier könnten Nachbarschaftshilfen eine gute Alternative und/oder Ergänzung zur Unterstützung im Alltag sein.

 

*Informationen zu der Veranstaltung finden Sie hier