Senioreneinkaufsmobil (SEM)

Kontakt

Initiator:
„ENGEL - Engagiert Ehrenamt leben e.V. (ENGEL e.V.)/Stadt Eisenhüttenstadt
Laufzeit:
seit 03/2012
Kontakt:
Frau Andrea Peisker
 
03364 4296028
 
info@afe-ehst.de
 
Alte Poststr. 2
 
15890 Eisenhüttenstadt
Stadt Eisenhüttenstadt/ Foto: Andrea Peisker

Was wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

Ziel des SEM ist der Erhalt der Selbstständigkeit im Alter. In einigen Wohngebieten gibt es eine hohe Konzentration von älteren Menschen, aber keine für sie fußläufig erreichbaren Nahversorgungsangebote. Älteren Menschen soll es ermöglicht werden, dank eines ehrenamtlichen Tür-zu-Tür-Fahrservice selbstständig einzukaufen und sich damit ein Stück Lebensqualität zu erhalten. Es wird lediglich die Hin- und Rückfahrt – zu vor-gegebenen Terminen - organisiert, der Einkauf muss eigenständig bewältigt werden. Die Alltagsgespräche zwischen den Nutzenden während der Fahrt im seniorengerechten Kleinbus sind ein willkommener Nebeneffekt und dienen der sozialen Verankerung.

Was war Ihnen bei der Planung wichtig?

Es sollten Versorgungslücken geschlossen werden und keine Konkurrenz zu gewerblichen Fahrdiensten / Taxiunternehmen entstehen. Daher war es wichtig zu prüfen, in wieweit es andere Anbieter gibt. Auch die technische Ausstattung des Fahrzeuges war eine zentrale Frage, denn es musste Älteren einen leichten Einstieg ermöglichen, z.B. durch zusätzliche Trittstufen und Haltegriffe. Wichtig war auch, eine gute Balance zwischen der Flexibilität des Angebots und den Ressourcen der Ehrenamtlichen zu finden. Deshalb wurde sich für ein festes Zeitfenster an einem festen Wochentag (donnerstags) entschieden, an dem der Kleinbus fährt, so dass es für beide Seiten planbar ist. In Zusammenarbeit mit einer Fahrschule gab es ein Fahrertraining der ehrenamtlichen Fahrer und Beifahrer im Umgang mit dem Fahrzeug sowie im unterstützenden Handling mit älteren Menschen.

Wie gewährleisten Sie, dass Sie mit Ihrem Angebot die Zielgruppe erreichen?

Das Angebot hat einen festen und regelmäßigen Nutzerstamm. Durch Öffentlichkeits-arbeit über Flyer, Lokalfernsehen, Mieterzeitungen, Zeitschrift einer örtlichen Kranken-kasse, Geschenkgutscheine für das SEM, Aktionstage in Einkaufszentren, Seniorentreffs und vor allem die Mund-zu-Mund-Propaganda konnte das Angebot bekannt gemacht werden. Der Kleinbus ist als SEM mit Außenwerbung erkennbar und auch die Fahrer tragen einheitliche Jacken bzw. Westen mit dem SEM-Logo. Die Nutzerinnen und Nutzer melden telefonisch bis 1 Tag vorher in der Agentur für Engagement ihren Mitfahrwunsch an und bekommen nach der Routenplanung ihre Abholzeit übermittelt; dies ermöglicht ihnen vergleichsweise kurzfristige Entscheidungen je nach Tagesform. Auch Seniorinnen und Senioren selbst sind in den Fahrer-/Beifahrer-Teams aktiv.

Wer unterstützt Ihr Angebot?

Starthilfe für das Projekt gab es im Jahr 2012 aus dem Programm "Nachbarschaftshilfe und soziale Dienstleistungen" des BFSFJ unter Beteiligung des MASGF. Die Behinderten- und Seniorenbeauftragten der Stadt hat das Angebot im Wesentlichen konzipiert. Stadt Eisenhüttenstadt unterstützt zudem räumlich die das Angebot organisierende Agentur für Engagement im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“. Sponsoren aus der lokalen Wirtschaft treten teilweise auf: Der in den ersten Jahren genutzte Kleinbus wurde für einen symbolischen Preis von der Städtischen Altenpflegeheim GmbH an den Trägerverein des Angebotes übertragen. Wohnungsbaugesellschaften übernahmen Kosten für einzelne Fahrzeugreparaturen; andere stellten eine Abstellfläche für das Fahrzeug zur Verfügung; boten Sonderkonditionen bei notwendigen Reparaturen oder stellten tageweise einen Kleinbus kostenlos (nur Benzinkosten) zur Verfügung.

Wie finanzieren Sie Ihr Angebot?

Aktuell wird über Lottomittel des Landes Brandenburg eine Ersatzbeschaffung für den Kleinbus finanziert. Die Betriebskosten sowie Versicherungen für den Kleinbus werden über die freiwilligen Fahrentgelte der Mitfahrer (orientiert am Preis für eine Fahrt im ÖPNV) und Spenden finanziert. Die Fahrer sind unentgeltlich, d.h. rein auf ehrenamtlicher Basis tätig. Für sie gibt es während ihrer Einsatztage in der Agentur für Engagement kostenlos Kaffee und Geträn-ke sowie mind. 1x jährlich eine besondere gemeinsame Dankeschön-Veranstaltung aller Projektbeteiligten über die Behinderten- und Seniorenbeauftragte der Stadt.

Was war hilfreich bei der Umsetzung des Angebotes?

Die Starthilfe für das Projekt aus dem Programm "Nachbarschaftshilfe und soziale Dienstleistungen" war als Anschubfinanzierung vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit und die Fahrerschulungen sehr hilfreich.
Ebenso von Vorteil war die enge Zusammenarbeit mit der Behinderten- und Seniorenbeauftragten der Stadt und die Anbindung der Projektumsetzung an die Agentur für Engagement. Auch die Bereitstellung eines Büros für die das Angebot organisierende Agentur für Engagement durch die Stadt war förderlich. Größte Hilfe sind allerdings die ehrenamtlichen Fahrer, die seit Jahren verlässlich 1x in der Woche ihre Freizeit für dieses Angebot aufwenden.

Was war hinderlich bei der Umsetzung des Angebotes?

Wichtig war eine Abgrenzung und die Vermeidung von Konkurrenz zu den Hilfsangeboten von Pflegediensten. SEM richtet sich an Ältere, die noch allein einkaufen können und stellt keinen Einkaufsdienst oder Begleitdienst beim Einkauf dar. Anfangs nutzten wir tageweise Miet-Kleinbusse, deren termingerechte Verfügbarkeit aber nicht immer gesichert war; dies wurde erst durch die Übernahme eines eigenen Kleinbusses verlässlich. Immer wieder traten Erwartungen Dritter (Politik, Ämter) zutage, die SEM als Bürgerbus o.ä. wahrnehmen und das Fahrtenangebot auf andere Anlässe und Ziele sowie räumlich oder zeitlich ausweiten wollen. Dem muss immer wieder aus versicherungsrechtlichen Gründen und auch zum Schutz der Ehrenamtler entgegen getreten werden.

Wie kann Ihr Angebot gesichert und weiterentwickelt werden?

Der Kleinbus musste mit 19 Jahren TÜV-bedingt ersetzt werden, weswegen zu unterschiedlichen Anlässen und auf verschiedenen Wegen um Spenden geworben wurde. Als Übergangslösung konnte eine Initiative von Unternehmen aus Eisenhüttenstadt gewonnen werden, die Vereinen kostenlos einen Bus zur Verfügung stellt. Ziel ist, über Lottomittel des Landes Brandenburg eine Ersatzbeschaffung zu finanzieren und sie Spenden als Eigenanteil einzusetzen.

Welche praktischen Tipps haben Sie für Nachahmende?

Ehrenamtler sind wie Goldstaub zu behandeln! Ihre Bereitschaft muss gepflegt und er-halten werden, sonst bricht das Angebot zusammen. Enge und kalkulierbare Zeitfenster für das Engagement der Ehrenamtlichen sind daher wichtig, um diese nicht zu überlas-ten oder zum Spielball der Wünsche der Nutzer werden zu lassen. Unser Fahrangebot beschränkt sich daher – trotz vieler anderer Nachfragen – auf die Fahrten zum Einkauf an einem von uns bestimmten Tag und findet nicht zu Kulturveranstaltungen, Arztterminen o.ä. statt. Dafür sind dann gewerbliche Anbieter zu nutzen. Feste Ansprechpersonen stellen für Nutzer als auch für Ehrenamtler eine Verbindlichkeit dar. Die verlässliche Verfügbarkeit eines Fahrzeuges ist unumgänglich für so ein Angebot.